Blockaden

12. Okotber 2020

„Sie müssen sich dringend mein Pferd anschauen, da ist der Wirbel rausgeflogen.“ „Bei meinem Hund ist der Wirbel verkeilt.“ „ Ich denke der Wirbel sitzt quer.“

 

 

 

Bei solchen Sätzen muss ich immer nochmal nachfragen, um was es sich genau handelt. Um es aufzuklären: Für den Therapeuten gibt es beide Seiten. Einerseits einen blockierten Wirbel. Es gibt aber auch luxierte Wirbel. Diese gehören aber nicht in Therapeutenhand, sondern direkt in die Klinik. Vieles hat sich umgangsprachlich eingebürgert und eigentlich weiß man, was der Tierbesitzer meint. Ich möchte mit diesem Blogbeitrag einmal mit den üblichen Kuriositäten aufräumen. Erklären warum Blockaden häufig das kleinste Problem sind, einfach nur „einrenken“ nicht auf Dauer funktioniert und was du aktiv ohne Therapeuten für dein Tier tun kannst, um Blockaden zu vermeiden.

 

 

 

Jetzt nochmal von vorne. Was ist eine Blockade? Im Ursprung eine Bewegungsblockade. Ein Gelenk kann seinen normalen Bewegungsradius nicht ausführen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Fehlausgebildete Muskulatur, nicht ideales Training, fehlverstandene Körperzustände, alte Narben von vergangenen Operationen und Verletzungen, schlechter Trainingszustand, langer Krankheit, fehlende Muskulatur, falscher Sattel, schlecht sitzendes Geschirr, zu enges Halsband, unentdeckte Krankheiten, aber auch ein übermotivierter, ungeduldiger Mensch. Ich erlebe sehr oft ein Phänomen, dass sehr weit verbreitet ist. Ungeduld und Unwissenheit. Diese beiden Faktoren spielen eine essentielle Rolle. Denn wenn einem Tier, dass sich nicht im optimalen Trainingszustand befindet, zu viel abverlangt wird, verliert es die Motivation zur Kooperation und der Körper nimmt Schaden.

 

 

 

Aber um es medizinisch kurz zu definieren: Die gängigste Aussage zum Thema Blockaden lautet: eine Ansammlung von Stickstoffatomen im Gelenk. Die Atome sind permanent anwesend. Aber ihr Verhalten macht den Unterschied, ob blockiert oder frei. Diese Aussage wurde bisher wissenschaftlich noch nicht belegt, ist aber für mich die Einleuchtendste. Das berühmte „Knacken“ das danach vernommen wird, ist das „Sprengen“ der Stickstoffatome. Sie sind permament im Gelenk und werden bei jeder Bewegung mitbewegt. Sobald aber eine Einschränkung in der natürlichen Bewegung passiert und es zu einer Dysbalance kommt, sammeln sich die Atome auf einer Seite und verbinden sich. Jetzt ist das Gelenk eingeschränkt und/oder blockiert. Wie gesagt, wissenschaftlich noch nicht hinterlegt, aber so etwas zuerforschen, ist nicht einfach.

 

 

 

Gibt es Gelenke die besonders betroffen sein können? Ganz klar ja! Jeder Körper egal ob Mensch, Hund, Katze oder Pferd hat seine natürlichen Schwachstellen. Es gibt Gelenke die prädestiniert dafür sind, öfter zu blockieren. Die absoluten Klassiker sind: Das Genick also das Art. atlantooccipitale, Kiefergelenk Art. temporomandibularis, C3/4, C7/Th1 + erste Rippe, die Lendenwirbelsäule, das Iliosacralgelenk als straffes bandhaftes Gelenk (wobei dieses nicht im klassischen Sinne blockiert), bei Kleintieren die Beckensymphyse oder ein schiefes Becken. Ein Großteil der Blockaden finden sich in der Wirbelsäule. Sie ist die Verbindung von Vordergliedmaße, Hintergliedmaße und Hals. Dementsprechend sind hier mehr Instabilitäten zu finden, als in den Gliedmaßen. Was im Umkehrschluss allerdings nicht bedeutet, dass Gliedmaßenblockieren weniger schmerzhaft ist. Ein blockiertes Sesambein kann genauso die ganze Gliedmaße beeinflussen.

 

 

 

Eine wichtige Sache, mit der bestimmt noch nicht jeder Berührungspunkte hatte. Energetische Blockaden. Wenn dich energetische Arbeit nicht anspricht, darfst du gerne schon zum nächsten Absatz weiterspringen. Energetische Blockaden sind Probleme im Energiefeld. Viele reden von Chakren, Karma oder auch feinstoffliche Probleme. Das hier alles auszuführen, wäre zu ausführlich. Das kommt in einem gesonderten Blogbeitrag. Man sollte sie einfach nicht vergessen. Hier gibt es auch verschiedenste Techniken zumlösen. Reiki, Jin Shin Jyutsu, Chakrenarbeit u.v.m. Es wird auf diesem Feld immer mehr geforscht und belegt. Vieles ist schon bekannt, aber nicht belegt und wird leider zur Esoterik einsortiert.

 

 

 

Man muss den Körper als ganzes Netzwerk sehen. Wenn dir als kleines Beispiel das rechte Knie schmerzt, kommt nach einer Zeit auch ein Schmerz in der linken Hüfte. Und so kommt die Kompensationshaltung. Hier kommt der Knackpunkt der Behandlung. Je länger eine Blockade besteht, detso mehr Kompensationen braucht es. Eine Kompensation baut der Körper, da er wieder ins Gleichgewicht kommen möchte. Somit steht fest, dass man sich bei der Behandlung von Symptomen zur Ursache durchdenken muss und es dementsprechend behandeln muss. Es reicht in den seltensten Fällen nur Blockaden zu bearbeiten. Denn sobald eine Blockade da ist, stellen sich auch Muskeln, Faszien, Nerven und die gesamte Propriozeption um. Sie passen sich alle so an, dass im Körper die Nervenzellen keine Schmerzmeldungen mehr senden

 

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Es gibt aber nicht nur die klassischen Anzeichen für eine Blockade. Diese sind Probleme in der Bewegung, normales Lauf- und Gehverhalten gestört, Leistungsabfall und/oder auch plötzliche Verhaltensänderungen.

 

 

 

Meistens hängen noch viel mehr Symptome mit einer Blockade zusammen. Verdauungsstörungen, psychische Veränderungen, und auch energetische Blockaden. Eine Sache muss hier klar gesagt werden. Die Psyche beeinflusst den Körper und umgekehrt. War dir mal in einer Situation richtig mulmig? Eine dunkle einsame Straße? Wurdest du mal richtig bedroht? Sehr viele Menschen haben danach Blockaden im Körper. Wenn ein Körper in Stresssituation gerät, setzt der Sympatikus in unserem Körper zum Volldampf an. Er verstärkt die Muskelspannung, stößt je nach Stresspegel direkt Adrenalin aus, um die Reaktionsfähigkeit zu erhöhen und fährt die Verdauung auf ein Mindestmaß zurück. Das nennt sich Fight and Flight-Syndrom. Durch die erhöhte Muskelspannung geraten Kompensationsmechanismen und Instabilitäten in der Muskulatur enorm in Stress. Die bisherige „Einstellungen“ der Muskulatur passen nicht mehr zusammen und verspannen sich noch extremer.

 

Ich möchte kurz ein paar Stresssituationen vorstellen, die mir in meinem Arbeitsalltag bei Tieren auffallen: Stress im Rudel/Herde, Probleme beim Satteln und Putzen, Hundetreffen Angsthund trifft auf Draufgänger, Probleme in der Kommunikation mit dem Besitzer (egal ob im Training, Turnier, draußen oder im Wettkampf), Tiere die über ihren Möglichkeiten hinaus Bewegungen absolvieren sollen u.v.m.

 

 

 

Aus diesem Grund ist das einfache „knacken“ nicht ausreichend, da die Muskultur samt oben genannter Strukturen einfach nicht entspannen können. Sie müssen wieder sinnvoll auftrainiert und in Einklang gebracht werden. Oft wird häufiges „knacken“, als Qualitätsstandard gesehen. Leider ist das ein Trugschluss. Denn je instabiler ein Körper ist, desto öfter wird es knacken und desto weniger wird reines Bloackadenlösen helfen. Es sollte dringend auch an der Muskulatur gearbeitet werden. Es gibt natürlich auch erbgenetische Einflüsse. Die einen haben weichere Bänder und Sehnen, die anderen tun sich leider im Muskelaufbau. Es sollte aber immer der individuelle Bestzustand angestrebt werden. Ein blockadenfreien Zustand gibt es kaum, da der Körper immer irgendwo eine Schwachstelle hat. Man kann sich aber bemühen, die Probleme und Blockaden klein zu halten.

 

 

 

Ein spannender Fakt sollte hier am Rande erwähnt werden. Der Hunde-,

 

Katzen-, als auch der Pferdekörper sind so aufgebaut, dass ein Großteil der Verdauung an der Wirbelsäule befestigt ist. Jetzt gibt es unter Kollegen große Diskussionen, ob erst die Blockade die Verdauung stört oder die Verdauung die Blockade entstehen lässt. Meine Meinung? Man kann es nicht genau definieren. Das ist wie der Huhn-Ei-Vergleich. Was war zuerst da? Erst das Huhn oder das Ei? Dafür sind die individuellen Unterschiede zu groß. Und ich finde durchaus, dass beides der Fall sein kann. Das bedeutet, wenn ein Tier immer wieder kehrende Blockaden hat, sollte man den Trainingszustand checken, die fasziale Aufhängung behandeln, die Verdauung ansich prüfen und auch Sattel und Geschirr kontrollieren. Habe ich dagegen anhaltende Verdauungsprobleme, kann man es einmal umdrehen. Hat das Tier Blockaden oder Probleme mit seinen Faszien im Verdaaungsbereich. Denn Verdauungsprobelme können erfahrungsgemäß auch Blockaden verursachen.

 

 

 

Was kann der Therapeut also gegen Blockaden machen? Das gängiste Wort, dass mit Blockaden einhergeht, ist das Einrenken. Dieses Wort gehört schlicht und ergreifend gestrichen. Therapeuten mobilisieren, manipulieren und geben einen Adjust (aus dem chiropraktischen Bereich, mehr in meinem Chiroblogeintrag). Ein vernünftiger Therapeut arbeitet nicht mit einem „langen Hebel“. Je kürzer und näher man mit einer Blockade arbeitet, desto besser. Die einen arbeiten energetisch, die anderen rein manipulativ und die nächsten geben einen Impuls. Was aber noch ein wenig wichtiger ist: Es ist meistens nicht mit einer reinen Blockadenaufhebung getan. Es gibt eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten: Physiotherapie, Osteopathie, energetische Osteopathie Chiropraktik, Dorntherapie, Laserfrequenztherapie, Kinesiotaping, Dry needling u.v.m.

 

 

 

Ein weiterer Gedankenanstoß an dieser Stelle: Muskeln können Blockaden verursachen und auch selbst lösen. Es ist nicht belegt, aber durchaus einleuchtend. Ich komme in letzter Zeit hin und wieder zu Pferden und Hunden, wo es mein vorheriger Kollege scheinbar ein wenig eilig hatte. Diese Tiere spannen von sich aus die Füße so an, dass wenn man den Fuß, ein wenig gegenhält schon „knackt“. So etwas sollte auf keinen Fall Behandlungstechnik sein. Allerdings wird genau dieser Mechanismus eingesetzt. Was aber oft vergessen wird, hier entstehen häufig neue Blockaden. Das wird leider oft missverstanden, da das Pferd erstmal besser läuft. Erst empfindet der Körper eine Art Erholung, da die alten Blockaden weg sind und bis die neuen Blockaden sich bemerkbar machen, denkt man, da habe sich das Tier ja wieder vertreten, versprungen etc… Also achte bitte immer darauf, wen du an dein Tier lässt. Und ja, man darf eine Behandlung immer sofort unterbrechen, wenn man kein gutes Bauchgefühl dabei hat.

 

 

 

Was kannst du also gegen Blockaden machen? Dir erst einmal die Probleme deines Tieres bewusst machen. Bestenfalls in Kombination mit einem guten Therapeuten. Anschließend alle akuten Probleme beheben. Vielleicht stehen noch akute Verletzungen, Traumen und Instabilitäten im Raum. Diese sollten bestmöglichst behandelt und aufgehoben werden.

 

 

 

Nun kann es an den spaßigen Teil gehen. Muskulatur und Stabilität aufbauen. Pferd und Hund lieben beide ein wenig Abwechslung. Nicht immer Longenplatz oder stumpfes Gassi laufen. Auch mal über Hindernisse, durch den Wald, unebene Böden, bergauf und ab, schnellere Gangarten, enge Wendungen, auch mal durchs Wasser. Abwechslung eben. Muskulatur, Faszien, Nerven und auch Sehnen und Bänder lassen sich so am besten trainieren. Alles angepasst an die Kondition und den aktueller Gesundheitszustand des Tieres.

 

 

 

Falls das nicht ausreichen sollte, kann man mit physiotherapeutisches Training, isolierter Muskelaufbau, propriozeptives und isometrisches Training unterstützen. Nebenbei das Tier bitte durchchecken lassen, ob nach einer gewissen Zeit, alles in guten Bahnen läuft oder ob noch etwas umgestellt werden muss. Wenn du merkst, dass dein Tier quasi mit mehr Schwung durchs Leben läuft, dann seid ihr auf dem gesunden Weg. Und noch ein ganz kleiner Gedankenanstoß am Rande: Warum haben Tiere ihre 5 Minuten? Wenn sie toben, rennen, strecken, dehnen, sich wälzen und einfach Spaß haben. Was meinst du wie viele Blockaden sich hierbei lösen? Für mich ist das ein natürlicher Modus, um auch Blockaden jeglicher Art loszuwerden.

 

 

 

Ich wünsche dir und deinem Tier viel Erfolg und bei Fragen kommentiere einfach den Beitrag. Bis dann