Wie weit darf Training gehen?
28. Februar 2023
Ich möchte über ein Thema sprechen, dass am Wochenende bei mir ziemlich getriggert wurde. Ein Pferdetrainer der im Fernsehen,leider eine sehr fragwürdige Methode zum Training gezeigt hat. Ich verstehe bis zu einem gewissen Grad, dass man als Laie natürlich nicht alles wissen kann. Nicht jeden Nerv, jedes Funktionssystem oder gar die komplette Anatomie. Natürlich kann man sich den Tieren zu liebe, damit auseinander setzen und vieles lernen.
Bei Trainern frage ich mich aber schon, wie man zu manchen Gedankenansätzen kommt, dass es in Ordnung ist ein Lebewesen absichtlich so zu bedrängen. Oder hat es psychisch zu verletzen. Genau dieser Punkt geht so oft unter. Die psychischen Folgen eines Drucktrainings sind immens und leider wissenschaftlich schwer erkenntlich zu machen. Dazu kommt noch, dass gerade Pferde sehr sensibel auf Energiefelder ihres gegenübers achten. Ist man im Stress, Eile, Frust oder gar Panik, versuchen sie erstmal das Weite zu suchen.
Verständlich, denn warum sollten Sie sich mit dieser Energie auseinander setzen, wenn es nicht ihre eigene Energie ist. Der Mensch zwingt in meinen Augen die Tiere, in so viele Engpasssituationen bei denen die Tiere, keine Wahl mehr zum Nein sagen bekommen. Was darauf folgt, brauche ich nicht erwähnen. Eine Fluchtreaktion ist noch die mildeste Antwort. Bis zum steigen, beißen, absichtlich in den Mensch rennen, einfrieren oder auch den kompletten Atem anhalten.
Natürlich muss man in einem Zusammenleben mit einem Tier, immer darauf achten, dass es für beide Seiten keine Gefahr gibt. Keine Respektlosigkeit, keine Gefährdungen oder auch übertriebene Sorglosigkeiten von beiden Seiten ausgehend. Das ist aber mit viel Training, Vertrauensarbeit und Zeit zu erreichen. Es gibt mittlerweile fantastische Trainer, wie bsp. bei Chi Horsing, die dem Mensch einen nachhaltigen gesunden Umgang zeigen. Bei Hunden zum Beispiel Claudia Richter.
Oft kommt dann eine Frage auf: „Aber warum brechen die Tierhalter das meistens nicht ab?“ Sie sind sich unsicher? Sind sie selbst noch sehr jung? Sollen Sie den Trainer oder auch Therapeut machen lassen? Sollen Sie in die Fähigkeiten vertrauen? Vielleicht haben Sie selbst nicht genügend Selbstbewusstsein um es abzubrechen? Vielleicht können Sie nicht Nein sagen? Vielleicht hat der Trainer am Anfang schon beeindruckt ( wie auch immer) und Vertrauen geschaffen? Oder vielleicht fehlt auch das Wissen zu sehen, wann ein Tier ungesund gestresst ist und es Schaden davon trägt?
Mir ist es bei meinen Patienten sehr wichtig, dass Sie kommunizieren können. Egal ob positiv oder negativ. Unterbindet man diese Kommunikation und übergeht das Tier direkt, gibts eine direkte Antwort. Einfach zehn Minuten mehr einplanen und Zeit zum reden lassen. Wie reden denn Tiere? Ganz klar in erster Linie über die Körpersprache und ihrem Körper ansich. Große Augen, viel weiß im Auge, hecheln, prusten, steif machen, auch rumalbern!!!, schwitzen, auf der Stelle tänzeln, rasender Puls, Schweifschlagen, Rute fest eingeklemmt, geschwächte oder viel zu starke Atmung. All das sind klare Anzeichen für Stress! Und dafür gibt es keine Ausrede…
Erfahrungsgemäß ist der Faktor wenn es stressig ist zu 80% der Mensch. Hatte das Tier genügend stressfreie Gewöhnung, ist die Situation überhaupt bekannt, sind alle Gegenstände gewöhnt, wie verhalten sich alle Beteiligten, hat der Mensch sich selbst im Griff, ist die Situation gut geplant oder von vorne rein bsp aus Zeitgründen zum scheitern verurteilt, ist die Umgebung ruhig oder ist es ein besonderer Tag.
Ich denke man versteht worauf ich hinaus möchte. Die Tiere müssen mit uns auskommen. Es liegt an uns sich Ihnen auch anzupassen. Klar kann man vieles über Züchtungen lenken. Dennoch kann man sich kein perfektes Tier backen. Das Pferd bleibt ein Pferd. Natürlich gibt es Ausnahmen, dennoch ist immer ein gesundes Einfühlungsvermögen und Empathie gefragt. Wieviel Stress man einem Tier zumutet ist dem Halter selbst überlassen.
Es gibt ja bekanntlich positiven wie negativen Stress. Leider wird das den Tieren zu Verhängnis, denn oft verliert der Partner Mensch das Auge der Dosis des negativen Stresses. Es steigert sich nach und nach…Das Tier fängt auf einmal an krank zu werden und leider wird hier nicht an den richtigen Enden gearbeitet. Oft wird dann noch vermenschlicht oder gar verglichen. Solche Rückschlüsse sind toxisch und helfen keinem Tier weiter. Jedes Tier ist anders und geht verschieden durchs Leben. Dennoch sollte sich alles die Ganze Waage halten. Der Mensch ist immer ein Kompromiss für das Tier und kein Ersatz.
Natürlich kann man Tiere brechen und sie quasi ausschalten. Ständig im Stress, ständig der selbe Druck. Irgendwann kommt immer der Punkt der erlernten Hilflosigkeit. Und nein irgendwann wehrt sich der Wildeste auch nicht mehr. Wir Menschen haben es in der Hand, wie wir mit Tieren umgehen und wie weit uns auch die ganzheitliche psychische Gesundheit unserer Tiere wichtig ist. Denn wenn Tiere merken, dass wir Rücksicht üben, kommt erfahrungsgemäß erstaunliches zurück.
Ich habe Kaltblüter, hündische Trampeltiere, Rüpel erster Güte und auch rücksichtslose Renner im Kundenkreis. Wenn solche Tiere über mehrere Behandlungen lernen, dass sie diese Verhaltensweisen nicht brauchen, gehen diese meist über Monate von alleine. Bei vielen braucht es Jahre um wieder Vertrauen zu fassen. Den Mensch als gut und liebenswert zu sehen. Aber ich schweife ab.
Es darf einfach nicht passieren, dass solche Methoden einen Raum bekommen. Man hätte in meinen Augen schon beim Knotenhalfter einlenken müssen. Es sind so viele sensible Nerven im Gesicht. Da braucht es ein solches Werkzeug nicht. Generell. Viele Pferdemenschen mögen das Knotenhalfter und schaden ihrem Tier unterbewusst passiv. Dennoch gewöhnen sich die Nerven mit Dauerstress an solch einen Reiz und reagieren in anderen Situationen zu spät, da sie dann abgestumpft sind. Klar gibt es immer Tiere die sensibler und manche härter im nehmen sind. Dennoch sollte die körperliche Unversehrtheit des Tieres an erster Stelle stehen.
Natürlich gibt es Fälle bei denen man anders agiert werden muss. Stichwort Traumatiere. Diese brauchen Zeit, viel Zeit! Um wieder in der Realität anzukommen. Sie dann zu überfordern und zu übergehen, mag eine Zeit lang funktionieren. Aber auch hier platzt es irgendwann aus Ihnen heraus und dann kommen die Fragen auf, warum und weshalb. Also bitte habt den Mut sowas sofort zu unterbinden und es nicht zu tolerieren. Und auch selbst nicht solchen Methoden aus Verzweiflung oder Bequemlichkeit zu verfallen. Wir haben die Verantwortung für unsere Tiere. Solltet ihr noch Fragen oder Themenwünsche haben, meldet euch gern.